Gert Schmidt, EU-Infothek und die gefälschten e-Mails der ÖVP rund um die Ibiza-Affäre
Ein Bericht von Lic. phil. Ana Maria Ivan
-Wien, den 3. Oktober 2019-
17. Mai 2019:
Die bekannten Journalisten und Buchautoren Bastian Obermayer und Frederik Obermaier (Süddeutsche Zeitung) und Spiegel Online veröffentlichen das Ibiza-Video aus dem Jahr 2017. Die österreichische Regierung tritt zurück, vorgezogene Neuwahlen waren die Folge.
12. Juni 2019:
Laut Bericht der EU-Infothek vom 21. Juni 2019 nahm der anonyme Informant an diesem Tag Kontakt mit den Bloggern von EU-Infothek per Mail auf.
17. Juni 2019:
ÖVP-Leiter Sebastian Kurz und Kollegen laden kurzfristig zur Pressekonferenz. Sie teilen mit, Kriminelle hätten einem einzigen österreichischen Medium (Anm.: EU-Infothek bzw. Gert Schmidt)“eine Unzahl“ von e-Mails übermittelt. Diese Mails würden aus dem Jahr 2018 stammen, über den Inhalt herrscht Schweigen, Kurz spricht von einem Fälschungsskandal. Die ÖVP teilt mit, man habe die forensische Prüfung bei Deloitte in Auftrag gegeben, die Sache sei an die Staatsanwaltschaft übermittelt worden und bedankt sich bei dem Medium (Anm.: der EU-Infothek) für die diskrete Vorgehensweise.
Und die FPÖ? Christian Hafenecker (Generalsekretär)bezeichnet die Angelegenheit als „bizarr“ und fordert lückenlose Aufklärung.
18. Juni 2019:
Blogger Gert Schmidt bringt triumphal den Bericht der Tageszeitung Österreich: „EU-Infothek steckt hinter den E-Mail-Enthüllungen“ und kommentiert die verpasste Enthüllung der „linken“ Zeitschrift FALTER mit der wohlwollenden Ironie des wahren Aufdeckers: „Eine Falter Redakteurin erhob sich sofort nach der Kurz-Pressekonferenz in den Stand der medialen Enthüllerin, gleichzeitig richtete sie über die Qualität der Mails, verhängte die sofortige Strafe <<Papierkorb>> und berichtete über diese Blitzenthüllung stolz auf Falter Online.“ Unwissende Redakteurin. Man stelle sich das stolze Kichern in den Räumen der EU-Infothek vor.
Gegen Ende September 2019 stellt sich heraus, dass die angeblichen e-Mails das mutmaßlich betrügerische Werk eines Spielsüchtigen sind – welch ein Zufall: Gert Schmidt ist auch als Aufdecker im Glücksspielbereich unterwegs. Es gilt die Unschuldsvermutung. Gert Schmidt (EU-Infothek) muss zugeben, dass er 3.000 Euro dem „Informanten“ bezahlte. Ein unverhältnismäßig hoher Preis, welcher noch vor Prüfung des Sachverhalts bezahlt wurde! Aber die EU-Infothek bezahlt offenbar auch solche Quellen.
27. September 2019:
Gert Schmidt stellt in seinem Blog fest: „EU-Infothek hat zu jeder Zeit der Berichterstattung darauf hingewiesen, dass es NICHT feststellbar ist, ob diese beiden Mails echt oder gefälscht sind. Diese korrekte Darstellung in allen EU-Infothek Berichten zu diesem Thema findet nunmehr ihren vorläufigen Abschluss in der mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit vorliegenden Rechercheerkenntnissen, dass es sich bei diesen beiden Emails um sehr geschickte Fälschungen handelt“.
Mein Kommentar: „zu jeder Zeit darauf hingewiesen“ ist unrichtig. Denn z. B. der Autor des EU-Infothek Berichtes vom 18. Juni 2019 „Ibiza-Gate: Pressestimmen zum Mail-Problem der ÖVP“ erwähnt diese Wahrscheinlichkeit mit keinem Wort. Lediglich ein Bildabschnitt aus OE24 TV zeigt eine Textzeile, wonach Mail-Inhalte erst nach Ausschließen einer Fälschung veröffentlicht werden. Der Autor selbst nimmt keinen Bezug darauf. Unklar, ob er damit einverstanden ist, oder nicht. Unklar, ob mit „man“ OE TV oder EU-Infothek gemeint ist.
Mehr noch: Gert Schmidt schreibt weiter, die EU-Infothek sei „der echte Enthüller“:
„Falter Chefredakteur Dr. Florian Klenk hatte nach dem Bericht des echten Enthüllers, nämlich EU-Infothek, Mühe, die richtigen Worte zur Klarstellung zu finden.“
Journalisten-Stimmen dazu:
Journalist und Buchautor Bastian Obermayer verlinkt auf Twitter am 3. Oktober 2019 zum Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ und kommentiert: „Genau so etwas kommt eben heraus, wenn „Journalisten“ gefälschte E-Mails _kaufen_ (3000€) und die Geschichte veröffentlichen bevor sie das Material ausreichend geprüft haben.“
Journalist und Buchautor Frederik Obermaier verlinkt auf Twitter am 3. Oktober 2019 zum selben Zeitungsbericht („Der Standard“) und zitiert dazu: „Die E-Mails waren auf dem umstrittenen Blog „EU-Infothek“ veröffentlicht worden. Dessen Betreiber Gert Schmidt gestand mittlerweile die Fälschung ein. Er habe dem spielsüchtigen mutmaßlichen Betrüger knapp 3.000 Euro bezahlt….“
Journalistin Isabelle Daniel kommentiert unter Bezugnahme auf den ORF-Bericht auf Twitter:
„Spannend. Am Ende ist das Motiv wohl meist Betrug. Weil sie wissen, dass sie Abnehmer finden.“
Ein Bericht von:
Lic. phil. Ana Maria Ivan, Presse-Agent International. Selbstständige, freie Journalistin.